Wie zufrieden sind ihre Mitarbeiter mit ihrem psychologischen Einkommen?

Immer wieder zeigen Studien auf, welch hoher Anteil der Angestellten bereits innerlich gekündigt hat (z.B. Gallup 2019), frustriert über ihre Arbeit oder ihr Arbeitsumfeld ist. Monetäre Entlohnungsaspekte sind oft kein oder nur ein kurzfristig wirkender Ausgleich, um auf Dauer und mit Freude leistungsfähig zu sein. Gute Angebote im Bereich des Gesundheitsmanagements sind in vielen Branchen mittlerweile ein Zeichen der Zeit, entscheidend für das Wohlbefinden, die Wirksamkeitsgefühle und den Verbleib wichtiger Mitarbeiter sind sie aber meistens nicht.

Was aber können Unternehmen tun, um gesunde, engagierte Mitarbeiter zu haben und zu halten? Die Antwort liegt zunehmend im „Sinnerleben“ der Arbeit – und dem damit verbundenen Begriff des „psychologischen Einkommens“.

Psychologisches Einkommen in der Praxis

Ein Beispiel: Herr Grün, Mittvierziger, Produktmanager im Sondermaschinenbau, freut sich am Ende des Monats über seinen Gehaltsscheck, seine Freude am Ende eines Arbeitstages hält sich jedoch zunehmend in Grenzen. Seine Leidenschaft sind komplexe Herausforderungen, gelungene Problemlösungen und zufriedene Kunden/Vertriebspartner. Seine Arbeitsrealität besteht aber schon seit geraumer Zeit aus immer wiederkehrenden Konflikten mit der Entwicklungsabteilung, stundenlangen Besprechungen, in denen die für ihn wichtigen Entscheidungen immer wieder vertagt werden. Dazu kommt der Druck von seinem Chef „… doch bitte die Anforderungen des Kunden X allumfassend zu befriedigen!“ – das ist nicht möglich, weil Zusagen der Kollegen nicht eingehalten worden sind. Die Arbeitstage machen Herrn Grün müde, das befriedigende Gefühl „heute wirklich etwas erreicht zu haben“ fehlt – wieder war ein Tag einfach sinnlos!

Auf der individuellen Eben verleihen Eigenständigkeit/ Selbstwirksamkeit und Potenzialentfaltung dem Leben Sinn, auf der kollektiven Ebene sind es Identifikation, Zugehörigkeit und Bindung. So beschreiben es Rosso, Dekas und Wrzeniewski in ihrer 4-Felder-Matrix über das psychologische Einkommen.

Was ist psychologisches Einkommen?

Unter psychologischem Einkommen kann die Befriedigung der mentalen und emotionalen Bedürfnisse, die mit Arbeit verbunden sind, verstanden werden. Doch um welche Bedürfnisse handelt es sich und welche psychologischen Einkommensarten zahlen darauf ein? Aus psychologischer Sicht variiert das subjektive Sinnerleben sowohl innerhalb eines Menschen, als auch zwischen Menschen, selbst wenn diese die gleiche Arbeit verrichten. Die mit Arbeit verbundenen Bedürfnisse sind vielschichtig und individuell.  Mögliche Bedürfnisse könnten zum Beispiel sein:

• Sicherheit
• Freiheit
• Authentizität
• Leistung
• Anerkennung
• Unabhängigkeit
• usw.

In unserem Beispiel werden Herrn Grüns Bedürfnisse nach Leistung, Lösungsorientierung und der Wunsch einen wertvollen Beitrag für den Kunden zu leisten nicht erfüllt. Seine Leistung kann nicht in die Wirkung kommen, es fehlt ein konstruktiver, geklärter Umgang mit Entscheidungen, Verantwortung und Konflikten und seine Frustration kann gleichzeitig seine Leistung mindern - nun hat er auf zwei Ebenen Hürden: Seine emotionalen Bedürfnisse werden nicht anerkannt und er kann seine Stärken nicht leben – er empfindet seine Leistung als weniger wirksam und seine Arbeitstage verlieren mehr und mehr an Sinn.

Wie kann das psychologische Einkommen erhöht werden?

In erster Linie geht es darum, ein Bewusstsein für das Thema Leistung/Arbeit auf zwei Ebenen zu schaffen – auf der individuellen Ebene der Persönlichkeitsentwicklung und auf der kollektiven Ebene der Unternehmenskulturentwicklung.

Persönlichkeitsentwicklung könnte Herrn Grün helfen, besser zu verstehen, was die Situationen im Außen bei ihm innerlich auslösen, welche möglichen Kränkungen damit verbunden sind. Seine persönliche tatsächliche Leistung könnte sich sogar noch verbessern, wenn er Möglichkeiten erlernen würde, die Missstände so anzusprechen, dass er seine Kollegen auch tatsächlich erreicht. Dazu braucht Herr Grün einen Perspektivenwechsel. Neben einigen kommunikativen Skills kann ihm eine gute Selbstwahrnehmung und Empathie helfen, um auf eine Weise zu agieren, die seine Kollegen erreicht und Wirkung erzielt. Diese Wirksamkeit würde auf Herrn Grüns psychologisches Einkommen einzahlen und damit mittelbar positivere Empfindungen auslösen. Persönlichkeitsentwicklung könnte auch einen Beitrag leisten, wenn Herr Grün erkennen könnte, wo er innerlich eine Grenze halten müsste, um sich nicht so sehr von defizitären Zuständen in seinem Arbeitskontext unangenehm beeinflussen zu lassen - dann würde ihn auch seine eigene, gute Leistung weiter stärken.

Unternehmenskulturentwicklung könnte den Umgang mit Verbindlichkeit als problematisches Kulturfeld in das Zentrum der Aufmerksamkeit setzen. Unternehmen prägen ganz spezifische Muster heraus, die ähnlich wie bei Menschen oftmals aus unbewussten Anschauungen heraus resultieren. In unserem Beispiel macht es bei oberflächlicher Betrachtung wenig Sinn, dass die Kollegen mit ihren Aussagen unverbindlich bleiben und sein Chef dazu auch noch darum bittet den Kunden trotzdem umfassend zu bedienen. Dieser problematische Umgang mit Verbindlichkeit hemmt nicht nur Herrn Grüns Leistung, sondern auch die Leistung der Organisation selber. Die Organisation müsste sich um dieses Phänomen kümmern und in einem Bewusstheit schaffenden, wertschätzenden und vor allem schrittweisen Prozess den Umgang mit Verbindlichkeit ändern.

Fazit

Das psychologische Einkommen in einem Unternehmen hat im wesentlichen zwei Quellen. Es liegt im Umgang der Personen mit ihrer Arbeit und in ihrem Umfeld selbst begründet. Dazu kann hochwertige Persönlichkeitsentwicklung einen Beitrag leisten, wenn diese Entwicklungsarbeit Menschen in die Lage versetzt, sich wirksam mit ihrem Umfeld in Beziehung zu setzen. Jedoch werden sich Unternehmen vermehrt auch damit auseinandersetzen müssen, wie sich die Kultur, also das kollektiv übliche Verhalten so entwickeln lässt, dass es die Wirksamkeitsgefühle der Mitarbeitenden und damit das psychologische Einkommen erhöhen. Mehr zu Kulturentwicklung erfahren Sie hier.