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Sei mutig!

Wenn das nur so einfach wäre.

Mut gilt als Schlüsselfähigkeit auf dem Weg zu agileren und flexibleren Arbeitsformen. Auch in der Vergangenheit war Mut im Arbeitsleben eine Notwendigkeit: Konflikte ansprechen, dem Vorgesetzten widersprechen, mutig auf die abwehrende Nachbarabteilung zuzugehen - jede Organisationsform hatte ihre Besonderheiten, bei denen Mut hilfreich ist. Was ist Mut eigentlich und wie kann es gelingen Mut zu entwickeln - damit beschäftigt sich dieser Beitrag.

Was ist Mut?

Mut ist mehr als „einmal so eben die Komfortzone zu verlassen“. Wer mutig ist, wagt etwas, geht über sich hinaus. Etwas zu wagen ist eine Unternehmung, die jenseits der gewohnten und akzeptierten Grenzen stattfindet. Sich außerhalb von Grenzen, zu bewegen, kann sich auf 2 Dimensionen beziehen:

  • etwas zu versuchen, das mir bisher noch nicht gelungen ist
  • etwas zu versuchen, das ich bislang noch nicht getan habe

Die Psychologie des Muts

Sich in einer dieser Dimensionen oder sogar in beiden Dimensionen zu bewegen, ist mutig. In unserem Gehirn und dem damit verbundenen Nervensystem werden alle unsere gemachten Erfahrungen abgespeichert nach dem Schema: Negativ-Vermeiden oder Positiv-Verstärken. Entsprechend dieser Bewertung verdichten sich die Erfahrungen zu Glaubenssätzen und  Anschauungen über uns selbst und die Welt. Diese lassen uns fast automatisch und reflexhaft fühlen, denken und handeln. Fordernde Situationen oder auch Veränderungen der Arbeitsorganisation, lösen Körperempfindungen und Gefühle aus. Jeder kennt solche Reaktionen, z.B. eine körperliche Enge im Brustraum vor einem kritischen Gespräch oder der stockende Atem und ein unsicheres Gefühl bei einem schlechten Ergebnis. In solchen Momenten sind wir oft mit mit einem Gefühl von Unsicherheit und hemmenden Körperempfindungen identifiziert - wir rufen dann gelernte Muster ab, die sich aufgrund unserer Erfahrungen gebildet haben. Diese Muster haben oft schützenden Charakter - „Schau, das war schon oft keine gute Idee“ oder „Deine Meinung ist nicht gefragt“. Genau deswegen schweigen wir dann lieber, rechtfertigen uns oder vermeiden die Auseinandersetzung.

Ein Beispiel: Frau Schwarz ist Anfang 30, Teamleiterin in der Applikationsentwicklung eines mittelgroßen Maschinenbauunternehmens. Sie hat sich bereits in der Schule eher auf die MINT Fächer konzentriert und sich für das Studium der technischen Informatik entschieden. Im Beruf hat ihre technische Brillanz, Genauigkeit und Verlässlichkeit geholfen, schon nach wenigen Jahren Teamleiterin für ein Team von 12 Entwicklern zu werden. In der agilen Transformation ihres Unternehmens sieht sie sich nun einigen persönlichen Herausforderungen gegenüber: sie soll ihre Mitarbeiter entwickeln, eine experimentelle Haltung fördern und sich nicht überall einmischen. Dies bringt sie gewaltig unter Druck, sie fühlt sich manchmal sowohl überflüssig als auch überfordert. Der neue Arbeitskontext erfordert Mut von Kontrolle und Micromanagement loszulassen, die Beziehungen im Team zu pflegen und die Einbindung der Stakeholder sicherzustellen sowie hilfreiche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Wege, um Mut zu entwickeln

Mutig sein, bedeutet Neuland zu betreten. Das kann gelingen, wenn ich mir meine Glaubenssätze bzw. Anschauungen bewusst mache. Denn was ich nicht klar benennen kann, kann ich auch nicht ändern. Weil unsere Gefühle immer schneller sind als unser Verstand können wir nicht einfach „umschalten“ und von jetzt auf nachher uns gegen unsere automatischen Impulse verhalten. Es braucht eine experimentelle Haltung und eine experimentelle Vorgehensweise, um neue Erfahrungen zu machen. Dabei ist es wichtig, sich auf der emotionalen Ebene zu regulieren, besonders die emotionalen Risiken abzuwägen, um sich nicht übermutig zu verhalten, aber dennoch etwas zu wagen.

In unserem Beispiel wird es für Frau Schwarz notwendig sein zu erkennen, dass ihr fachlicher, genauer Blick und ihre vorausschauenden planerischen Fähigkeiten in vielerlei Hinsicht wunderbare Fähigkeiten sind. Andererseits wird es für sie jedoch in ihrem Arbeitsumfeld notwendig werden, zu erkennen, wie sie einen sicheren Umgang auf der Beziehungseben entwickeln kann. Sie könnte Bewusstheit dafür entwickeln, dass das Perfekte, Planerische in ihr auch eine Hürde für das Zwischenmenschliche sein kann. Die Mitarbeiter darin zu unterstützen, experimenteller vorzugehen ist für sie eine große Herausforderung. Ein Gefühl von innerer Sicherheit ist hilfreich für sie, sich immer wieder aufs neue für Vertrauen in die Mitarbeiter entscheiden zu können. An dieser Stelle ein Gefühl innerer Sicherheit zu entwickeln braucht neben Bewusstheit für die Beziehungsebene einen behutsamen und emotionalen Lernprozess in dem Frau Schwarz neue, stärkende Erfahrungen machen kann.

Fazit

Das Entwickeln von Mut ist individuelle Persönlichkeitsentwicklung und kann durch geeignete Prozesse in Seminaren oder auch im Coaching unterstützt werden. Das Lernen ermöglicht, individuelle wie organisationsbezogene Hemmnisse zu verstehen. Neue Erfahrungen helfen, den individuellen Handlungsspielraum zu erweitern und die persönliche Wirksamkeit zu erhöhen.

Unternehmen können das Entwickeln von Mut unterstützen in dem sie gezielt auf hemmende, kollektive Verhaltensweisen Einfluss nehmen, wie z.B. einen vertuschenden Umgang mit Fehlern, einen perfektionistischen Umgang mit Entscheidungen oder einen hierarchischen Umgang mit Verantwortung.

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